Kategorie: Seminare
Thema: Das Leben auf der Straße als Obdachloser - Führung mit dem GA2, maxQ-Castrop-Rauxel
Datum: 01.09.2023
Vor Kurzem hatte ich das Privileg, an einer außergewöhnlichen Stadtführung teilzunehmen, die mein Verständnis für die Realität der Obdachlosigkeit verändert hat. Dennis, ein ehemaliger Obdachloser aus Dortmund, der nun für Bodo e. V. führte mich im Rahmen meiner Tätigkeit als Dozent für die generalistische Pflege durch die Straßen der Stadt und erzählte uns von den Herausforderungen und Erfahrungen, die er während seiner Zeit auf der Straße gemacht hat.
Dennis' Geschichte begann in einem stabilen Leben, das jedoch durch persönliche Probleme und Schicksalsschläge auf den Kopf gestellt wurde. Wie so viele andere fand er sich auf der Straße wieder, ohne ein Dach über dem Kopf und ohne Sicherheit.
Während unserer Stadtführung besuchten wir einige Anlaufstellen für Obdachlose in Dortmund, darunter die Suppenküche und die Tagesstätte. Hier erhalten Bedürftige nicht nur eine warme Mahlzeit, sondern auch dringend benötigte menschliche Unterstützung.
Dennis erzählte von den Schattenseiten des Lebens auf der Straße: Die Unsicherheit, die Kämpfe um einen Schlafplatz, der Hunger und die Kälte sind nur einige der täglichen Herausforderungen. Doch das, was mir am meisten im Gedächtnis blieb, ist die Tatsache, dass viele Menschen einfach an ihnen vorbeigehen, ohne sie anzusehen oder anzusprechen. Die Unsichtbarkeit, die sie erleben, ist oft genauso schmerzhaft wie der physische Entzug von Nahrung und Schlaf.
Trotz all dieser Schwierigkeiten bewahrte Dennis jedoch seine Hoffnung auf ein besseres Leben. Er sprach von den Momenten der Solidarität und Unterstützung, die er von anderen Obdachlosen und von sozialen Organisationen erhalten hatte. Diese Momente gaben ihm die Kraft, weiterzumachen und nach einem Ausweg aus der Obdachlosigkeit zu suchen.
In den letzten Jahren konnte Dennis Hilfe annehmen, die ihm den Weg zurück in ein geregeltes Leben geebnet hatten und diese Hilfe anzunehmen, war nicht einfach für ihn. Da spielt Scham eine große Rolle.
Auch die defensive Architektur, die es unmöglich macht, auf Bänken oder an geschützten Stellen zu liegen, war ein Thema.
Diese Stadtführung mit Dennis hat mich zutiefst berührt und inspiriert. Sie hat mich daran erinnert, wie wichtig es ist, unsere Mitmenschen nicht zu vergessen, die auf der Straße leben. Es kommt nicht immer auf Geld an, sondern die freundliche Ansprache oder auch nur ein Lächeln, denn oftmals werden Obdachlose absolut übersehen oder auch nur, die Pfandflaschen neben dem Mülleimer zu stellen.
Ich möchte Dennis von Herzen dafür danken, dass er uns seine Geschichte und seine Zeit geschenkt hat. Sie hat mein Verständnis für die Obdachlosigkeit erweitert.
